Masters of Sets
Erschienen in material girl #27, Herbst 2014
Woran merkt man, dass man einer TV-Serie ganz und gar verfallen ist? Daran, dass man versucht, das mikrofeine Lispeln der Hauptdarstellerin nachzuahmen und am 50s-Midwesternakzent gnadenlos scheitert? Dass man in der eigenen Wohnung das Licht dimmt, um neumodische Gerätschaften wie iPhone-Ladekabel, Pandakeksausstecher und Glätteisen auszublenden? Dass man die gesammelten Werke von Masters & Johnson, circa zehn Kilogramm, im Original bestellt? Ja, „Masters of Sex“ kann einen ganz schön reinziehen. Großartig Lizzy Caplan und Martin Sheen als Sexualforscher mit Hang zum Selbstversuch, faszinierend die Fifties, hinter deren adretter Oberfläche persönliche, soziale, politische Abgründe lauern, verlorengegangen die Lässigkeit, mit der in der Sekunde des Nachhausekommens der erste Martini gekippt wird. Vulgär grelle Kleider? Nicht für Lizzy Caplans Virginia Johnson, die sich heutzutage wahrscheinlich in Hochgeschlossenem von Bottega Veneta oder Gucci zu Martin Sheens Bill Masters aufs Sex-Experimentierbett werfen würde. Exakte Digitalanzeigen? Nein, hier wird die Zeit bis zum Orgasmus noch analog mit der Hand gestoppt. Blitzendes Chrom, seelenloser Kunststoff? Nur in der Klinik. In Masters’ und Johnsons Wohnungen dominieren warmes Holz, gedeckte Farben, klassisches Mobiliar und geschwungene Linien. Rundes. In allen Formen. Und allen Größen. Na, fragt das damals gerade in Mode kommende Unterbewusstsein, was sind denn Karaffen, Schüsseln und gedrechselter Zierat anderes als Busen aus Glas, aus Messing, aus Walnussholz? Eben. Doch alles kein Zufall. Und schon ertappt man sich dabei, wie man wieder mal die Augen aufreißt, den Bauch einzieht und das „s“ leicht verschleift wie Lizzy Caplan. Die Wohnung sieht sowieso bald aus wie aus den Fifties. Crushing on „Masters of Sex“? Es gibt Verwerflicheres.
Foto: Hitfix